Streitpunkt Gartenzaun: Unsere FAQ zu den Nachbarrechten

Nebeneinander zu leben, ist nicht immer einfach. Schnell bricht mal Streit vom Gartenzaun. Gute Kommunikation ist der erste Schritt, unsere FAQ zu den Nachbarrechten der zweite. 

01.01.20238min8min

Vater grillt mit seinem Sohn im Garten und die Nachbarn sind zu Gast.

Nachbar:innen kann man sich nicht immer aussuchen, trotzdem müssen wir irgendwie miteinander auskommen. Oder wie es die Schweizer Autorin Rosmarie Tscheer sagt: «Am meisten lieben wir die Nachbarn, wenn wir sie selten zu Gesicht bekommen.» Damit ein friedliches Nebeneinander funktioniert, gibt es die sogenannten Nachbarrechte. Wie nahe darf die Thujahecke an der Grenze stehen? Muss ich meine Grillparty um 22 Uhr beenden? Und darf meine Katze auf den Gartenmöbeln der Nachbar:innen sitzen?

Die Antworten auf diese Fragen zum Nachbarrecht sind nicht in einem einzelnen Gesetz zu finden: Der Begriff beschreibt mehrere Gesetze und Vorschriften, die im Schweizerischen Zivilgesetzbuch, sowie in Verordnungen und Erlasse von Bund, Kanton und Gemeinde geregelt sind. Ausserdem gibt es in den Gesetzbüchern selten klare, allgemein-gültige Antworten zu diesem Thema.

Doch keine Sorge, in unseren FAQ zu den Nachbarrechten haben wir für Sie die wichtigsten Vorschriften und Verhaltensregeln zusammengetragen und erklären, wie diese zu verstehen sind - kein Wühlen in Gesetzesschriften nötig!

Welche Abstände müssen meine Bauten und Pflanzen zur Grundstücksgrenze einhalten?

Das Rüeblibeet darf nicht direkt an der Grenze gegraben werden und auch der Kirschenbaum muss einen Mindestabstand einhalten. Allerdings gibt es leider keine einheitliche Regelung zu diesen Grenzabständen, sie variieren je nach Objekttyp und Kanton. Werfen Sie zuerst einen Blick in den Zonenplan Ihrer Gemeinde: Dort finden Sie verschiedene Kennzahlen zu Ihrem Gebäude, wie beispielsweise die Ausnützungsziffer oder den Mindestabstand von Gebäuden zur Grundstücksgrenze. Einmal gelernt ist bei diesem Thema aber nicht genug - die kantonalen Unterschiede sind enorm. So darf die Tanne im Kanton Bern fünf Meter von der Grundstücksgrenze entfernt stehen, im Kanton Zürich dagegen sind es acht. Wer seine Rechte und Pflichten kennt, baut und pflanzt von Anfang richtig und vermeidet dadurch eine Menge Ärger. Lassen Sie sich am besten von Ihrer Gemeindeverwaltung genau über alle Regelungen informieren. Im Blogartikel von Vertragshilfe finden Sie Informationen zu den Mindestabständen der grössten Kantone.

Hecken, Bäume und Gartenzaun: Wem gehören die Abgrenzungen zwischen Grundstücken?

Der grösste Feind der nachbarlichen Beziehungen ist die immergrüne Thujahecke zwischen den Grundstücken. Es wird nicht nur über Grenzabstände oder Grillpartys gestritten, sondern auch über die Grenze selbst. Manchmal dienen Objekte und Installationen wie die Thujahecke als Grenzmarkierungen und sind damit immun gegen den gesetzlichen Grenzabstand - schliesslich müssen sie die Grenze markieren. Das Objekt auf der Grenze wird somit zum gemeinsamen Eigentum der beiden Nachbar:innen. Um eine solche Grenzinstallation zu errichten oder zu verändern, ist die Zustimmung von beiden Seiten notwendig. Den nervigen Nachbar:innen eine zwei Meter hohe Mauer auf die Grenze zu stellen, funktioniert also nicht. Da die Nachbar:innen Miteigentümer sind, müssen sie auch gemeinsam Sorge tragen. Das heisst, dass die Kosten und der Aufwand für Errichtung und Unterhalt geteilt werden.

Was, wenn ich unseren Grenzzaun ausbessern möchte, meine Nachbar:innen aber nicht?

Grundsätzlich ist bei Miteigentum das Einverständnis von beiden Parteien notwendig, das heisst Sie dürfen nicht einfach ohne die Zustimmung der anderen Partei den Zaun in Ihrer Lieblingsfarbe anstreichen. Sie wünschen sich eine Veränderung? Sprechen Sie die Nachbar:innen darauf an und versuchen Sie gemeinsam eine Lösung zu finden. Im worst case entscheidet bei Uneinigkeiten das Gericht, allerdings sind die Gerichtskosten zu hoch und Ihre Nerven zu kostbar, als dass sich das für kleine Streitereien wirklich lohnen würde. Und nicht nur das. Ein gerichtliches Verfahren belastet das nachbarschaftliche Verhältnis meist noch mehr. Eine gute Alternative bietet hierbei häufig die Mediation, vor allem dann wenn die Parteien alleine nicht zu einer Einigung kommen, sich für die Zukunft aber Ruhe wünschen. Durch eine Mediation wird versucht, eine Einigung zu finden, welche Nutzen und Zufriedenheit für beide Parteien stiftet - und das wiederum ebnet den Boden für ein friedliches Zusammenleben.

Was, wenn der Nachbarsbaum trotz genügend Abstand auf mein Grundstück ragt?

Bäume kennen kein Nachbarrecht, sie strecken ihre Äste auch auf fremde Grundstücke. Hängen Äste vom anliegenden Grundstück auf das Ihre, empfiehlt es sich, erst einmal das Gespräch mit Ihren Nachbar:innen zu suchen. Im besten Fall erklären sie sich von selbst bereit, diese zu entfernen.

Schädigen die Zweige und Wurzeln Ihres Nachbarn oder Ihrer Nachbarin Ihr Eigentum massiv, könnten Sie im Notfall Gebrauch vom Kapprecht machen. Das heisst, dass Sie die Pflanzen Ihres Nachbarn oder Nachbarin bis zur Grundstücksgrenze zurückschneiden dürfen. Sie müssen jedoch zuerst Ihre Nachbar:innen über Ihr Vorhaben informieren und ihnen eine angemessene Frist für die Beseitigung geben. Erst nachdem diese verstrichen ist, dürfen Sie tätig werden. Aber Achtung: Die Voraussetzungen für das Kapprecht sind sehr restriktiv. Wird gekappt ohne ausreichenden Grund, ist der Straftatbestand der Sachbeschädigung erfüllt, was bei einer Anzeige einen Eintrag ins Strafregister sowie Schadenersatzanspruch zur Folge hat. Bevor Sie also zur Gartenschere greifen und die unliebsamen Äste einfach abkappen, lohnt sich die bilaterale Konversation mit dem Nachbarn oder der Nachbarin allemal.

Was ist nachbarschaftliche Rücksichtnahme?

Die nachbarschaftliche Rücksichtnahme ist das zentrale Gesetz im Nachbarschaftsrecht. Es bildet eine der Grundlagen für das Zusammenleben und den Umgang unter Nachbar:innen. Besonders entscheidend ist das Verbot von sogenannten «übermässiger Einwirkungen». Das besagt, dass sich Ihr Leben nicht zu stark auf das Ihrer Nachbar:innen auswirken darf. Darunter fallen Lärm, Gerüche, Rauch, Lichtentzug und sonstige Störungen.

Ab wann eine Einwirkung als übermässig gilt, ist nicht eindeutig geregelt. Haben die Nachbar:innen also unterschiedliche Vorstellungen dazu, müsste im Streitfall das Gericht entscheiden. Hierbei hat das Gericht jedoch grossen Ermessenspielraum und greift meist nur bei offensichtlich übermässigen Einwirkungen ein. Ausserdem müssen die Einwirkungen und deren Ausmass von den Antragsteller:innen nachgewiesen werden. Eine gute Alternative zum Gang ins Gericht bietet auch hier wieder die Mediation. Auf diese Weise ist auch in den darauffolgenden Jahren für beide Seiten klar, was zu tun (oder zu lassen) ist - ohne jährlich das Gericht anrufen zu müssen.

In welchem Ausmass sind Gartenfeste und Grillpartys erlaubt?

Die besten Nachbar:innen bleiben diejenigen, die man von Weitem grüsst, so sagt man in England. Noch besser sind aber die Nachbar:innen, die auch bei langen Gartenfesten nicht reklamieren. Gerade wenn Sie noch den Grill anschmeissen, kann die Luft für einige stickig werden. Manche mögen den Geruch nach dem Fleisch und Gemüse auf dem Rost, für andere stinkt es nur. Die gute Nachricht für Grillfans: Es gibt kein gesetzlich festgelegtes Limit, wie oft Sie grillieren dürfen. Sie dürfen auch so häufig Leute einladen, wie Sie möchten. Aber: Die nachbarschaftliche Rücksichtnahme gilt; übermässiger Lärm und Rauch sind verboten. Ebenfalls müssen Sie sich an die Ruhezeiten halten. Da die Definition des Begriffs “übermässig” schwammig ist, lohnt es sich im Vorhinein das Gespräch zu suchen. So wissen die Nachbar:innen worauf sie sich einstellen müssen - und vielleicht kommen sie ja sogar auf eine Wurst vorbei.

Good to know: In der Vergangenheit gab es schon gerichtliche Entscheide in der Schweiz gegen das häufige Grillen mit stark rauchenden Holzkohlegrills. Der Griff zum rauchärmeren Gasgrill könnte also schon den ein oder anderen Nachbarschaftsstreit lösen.

Wann gilt die Ruhezeit?

In den meisten Gemeinden in der Schweiz gilt die Nachtruhe von 22 bis 6 Uhr. Während dieser Zeit darf weder drinnen noch draussen Lärm gemacht werden. Zimmerlautstärke ist aber zu jeder Tages- und Nachtzeit erlaubt. Um den nachbarschaftlichen Frieden zu wahren, hat der Gesetzgeber zusätzliche Ruhezeiten eingeführt. Lärmige Arbeiten wie Bohren sind über Mittag (12 bis 13 Uhr), nachts (von 19 bis 7 Uhr) sowie an Sonn- und Feiertagen verboten. Gemütliches Rasenmähen am Sonntagmorgen ist damit also nicht erlaubt.

Welche Nachbarschaftsrechte zu Haustieren gibt es in der Schweiz?

Sehr treffend sagte der deutsche Schriftsteller Ernst Heiter einst: «Der Hund des Nachbarn bellt immer viel lauter.» Wie lange Hundegebell süss ist und wann es unerträglich wird, nehmen wir sehr unterschiedlich wahr. Deshalb müssen sich auch Hundeeltern an die nachbarschaftliche Rücksichtnahmepflicht halten. Das heisst, eine tiergerechte Erziehung ist grundlegend, da übermässiges Bellen die Rücksichtnahmepflicht verletzt. Ausserdem gehören weder Hund noch sein Kot in Nachbars Garten. Anders sieht es bei Katzen aus, sie geniessen einen Sonderstatus. Da die Katze im Gegensatz zum Hund nicht domestiziert werden kann, muss sie weniger Regeln befolgen. Leider darf die Nachbarkatze darf durch Ihren Garten streifen, sich laut mit anderen Katzen streiten und Ihr Blumenbeet als Toilette nutzen.

Gibt es Maximalhöhen für Bäume im Garten?

Im Gegensatz zu Ländergrenzen gilt in der Nachbarschaft keine Lufthoheit: Bäume dürfen so hoch wachsen, wie sie wollen, solange sie niemandem schaden. Die ausladenden Äste machen Ihr Gebäude feucht? Die dichte Baumkrone raubt Ihnen die Sonne auf dem Sitzplatz? In solchen Fällen kann verlangt werden, dass die Nachbar:innen den Baum zurückschneiden. Doch Achtung: Keinen Blick auf die Berge oder den See mehr zu haben, zählt nicht als Schaden. Wächst der Baum des Nachbars so hoch, dass es Ihnen die schöne Aussicht auf den See versperrt, müssen Sie damit leben.

Wir sind Liiva. Wir drücken die Daumen für eine nette Nachbarschaft.

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