Wespen- oder Bienennest entfernen: So klappt’s tiergerecht

Jedes Jahr im Frühling beginnt das grosse Summen: Bienen, Wespen und Hornissen nehmen spätestens ab Mai den Luftraum ein und manchmal auch Teile Ihres Eigenheims. Erfahren Sie, inwiefern Insektennester eine Gefahr für Ihr Wohneigentum darstellen, worauf Sie bei der Entfernung achten sollten und welche Kosten auf Sie zukommen.

19.07.20235min5min

Bienennest unter dem Dach muss entfernt werden

In der Schweiz leben verschiedenste Arten von Fluginsekten, wie Bienen, Wespen oder Hornissen. Sie alle haben eines gemeinsam: den sprichwörtlichen Fleiss. Das gilt insbesondere für den Nestbau. Vom Jahresbeginn bis weit in den Herbst hinein, bauen sie fleissig an ihren Nestern.

Ähnlich wie wir Menschen suchen auch sie geeignete Nistplätze, die Schutz vor Witterung bieten. Dass sie menschliche Behausungen als Nistplätze wählen, ist somit nicht verwunderlich. Doch sind Insektennester schädlich für Mensch und Haus?

Darüber haben wir mit David Hablützel der Imkerei Hablützel gesprochen. Er ist Imker und Fachmann fürs Umsiedeln und Entfernen von Bienen-, Wespen und Hornissenvölkern. Gemeinsam erklären wir, wann Insektennester eine potentielle Gefahr für Menschen und Gebäude darstellen und teilen praktische Tipps zur Vorbeugung und Entfernung der Nester.

Können Insektennester Schäden an Ihrem Haus verursachen?

Besonders zwischen März und Mai geben unsere gestreiften Freunde beim Nestbau Vollgas. Dabei ist vor Bienen, Wespen und Hornissen kaum ein Schlupfloch sicher: Besonders Rollladenkästen, Dachfenster, Risse im Mauerwerk und Spalten unter Dachziegeln gehören zu ihren beliebtesten Nistplätzen.

Die Antwort auf die Frage, ob Insektennester zu Schäden am Gebäude führen können, lautet leider «Ja». Experte David Hablützel erläutert: «Alle drei Insektenarten können für Schäden an Ihrem Gebäude sorgen. Nisten sie sich in Rissen oder unter Dachziegeln ein, kann das der Bausubstanz und Dämmung Ihrer Immobilie schaden.»

Schäden am Haus durch Bienennester

«Bienen bauen Waben, die sich im Inneren der Gebäudestrukturen entwickeln und erweitern können», erklärt uns David Hablützel. Das Ausbreiten der Waben in Hohlräumen kann das Material der Wände, Böden oder Dächer angreifen und so die Bausubstanz und Wärmedämmung des Hauses schwächen oder gar zerstören. Kann die Feuchtigkeit der Waben nicht entweichen, entsteht zudem eine ideale Umgebung für Schimmelbildung. Und Schimmel ist bekanntlich weder für Haus noch Mensch gesund.

Schäden am Haus durch Hornissen- oder Wespennester

Wespen und Hornissen geben Flüssigkeiten ab, die zu einer allmählichen Zersetzung von Baumaterialien wie beispielsweise Holz führen. Ausserdem entsteht auch bei Wespennestern die Gefahr der Schimmelbildung, wenn die von den Insekten abgegebene Flüssigkeit nicht richtig entweichen kann. Schliesslich kann die Bautätigkeit der Wespen auch negative Auswirkungen auf die Isolierung haben: Bauen Wespen ihr Nest ins Dämmmaterial ein oder verwenden dieses gar zum Nestbau, so kann dies die Dämmung beschädigen und so zu einem Wärmeverlust führen.

Ist das Entfernen von Bienennestern & Co. erlaubt?

Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern gilt das Tierschutzgesetz in der Schweiz nur für Wirbeltiere. Als Insekten sind Bienen, Wespen und Hornissen also gesetzlich nicht geschützt. Grundsätzlich sollten Insektennester jedoch nur dann entfernt werden, wenn sich diese in der Nähe von Allergiker:innen oder Kindern befinden oder wenn das Nestbauverhalten der Insekten das Haus beschädigen könnte. Da sowohl Bienen als auch Wespen und Hornissen essenzielle Bestandteile unseres Ökosystems sind, raten wir und David Hablützel unbedingt von der Tötung der Tiere mittels Einsatz von Gift ab. Der Experte erklärt hierzu: «Bienen und Wildbienen sowie Wespen und Hornissen sind sehr wichtig für die Biodiversität und unser Ökosystem, da die unterschiedlichen Insektenarten verschiedene Pflanzen bestäuben. Das Zerstören eines Nests hinterlässt somit eine Lücke in unserer Natur. Ausserdem sind die verwendeten Gifte schädlich für Mensch und Umwelt.»

Im Idealfall sorgen Fachpersonen deshalb für eine sorgfältige Umsiedlung und verschliessen im Anschluss den Nestplatz wieder. So können langfristige Schäden vermieden und neuen Völkern das Einnisten erschwert werden. David Hablützel warnt ausserdem davor, selbst Hand anzulegen oder gar den Nesteingang zu verschliessen: «Abgesehen davon, dass das Tierquälerei ist, kann es die Tiere in Rage versetzen und wortwörtlich zum Angriff anstacheln. Holen Sie sich rechtzeitig Hilfe von einer Fachperson.»

Bienen- oder Wespennest entfernen lassen: 5 Schritte

  1. Bestimmen Sie die Insektenart. Finden Sie durch Form und Farbe der Insekten oder anhand des Nests heraus, um welche Insektenart es sich bei den Bewohnern handelt. Die Website des Bundesamts für Umwelt hilft Ihnen beispielsweise dabei, Wespenarten zu erkennen. Sie können aber auch ein Foto des Nests machen und dieses von Fachleuten analysieren lassen.

  2. Klären Sie die kantonalen Zuständigkeiten. Die Zuständigkeiten für das Umsiedeln von Insektenvölkern können von Kanton zu Kanton variieren. Möglicherweise liegen sie bei der Polizei, der Feuerwehr oder privaten Organisationen. Weitere nützliche Adressen sind der Verband Schweizerischer Schädlingsbekämpfer VSS und der Fachverband qualifizierter Schädlingsbekämpfer.

  3. Schildern Sie Ihre Situation. Nach der Kontaktaufnahme wird Ihnen die zuständige Stelle eine Checkliste zum Ausfüllen geben, um das weitere Vorgehen abklären zu können. Darin können Sie Ihre Problemsituation schildern, Angaben zu den Insekten und dem Nest machen und die Fachpersonen zum Beispiel darüber informieren, ob Allergiker:innen im Haus wohnen.

  4. Lassen Sie die Situation beurteilen. Die Fachstelle klärt anhand Ihrer Angaben ab, wie notwendig und dringend ein allfälliges Handeln ist und wie es um die Erreichbarkeit des Nests steht. Wenn eine Umsiedelung nicht unbedingt notwendig ist, sollten Alternativen wie Insektenschutzgitter in Betracht gezogen werden.

  5. Lassen Sie das Nest umsiedeln. Wenn keine Alternativen gefunden werden können, übernehmen die Expert:innen die Umsiedlung der Insekten. Dazu werden die Insekten eingesaugt und in einem speziellen Kasten an Ihren neuen Siedlungsort transportiert. «Das hört sich brutaler an, als es ist. Den Insekten passiert dabei nichts», versichert uns David Hablützel. Unter Betäubung werden die Insekten nämlich samt Nest und Behausung schonend in Ihre neue Umwelt entlassen.

Wie viel kostet das Entfernen von Insektennestern?

Die professionelle Umsiedelung eines Insektennests kostet im Normalfall zwischen 100 und 450 CHF. Der Preis hängt von den Anbieter:innen in Ihrer Gegend und der Grösse und Erreichbarkeit des Nests ab. David Hablützel erläutert hierzu: «Natürlich ist es günstiger, ein kleines Nest unter einem Garagendach umzusiedeln als ein grosses Hornissenvolk in einem Kamin.»

Holen Sie sich am besten mehrere Angebote ein und vergleichen Sie die Preise. Ausserdem ist es ratsam, die Experten mit möglichst genauen Beschreibungen des Nestes und der Insektenart zu unterstützen, damit diese den Aufwand und die Kosten genauer abschätzen können.

Tipp: Achten Sie bei der Wahl der Fachstelle auf deren Mitgliedschaft im Verband Schweizerischer Schädlingsbekämpfer. Das garantiert, dass die Firma eidgenössisch zertifiziert ist und tiergerecht vorgeht.

Kann man den Nestbau verhindern?

Unter dem Motto "Vorbeugen ist besser als Heilen" kann man bereits im Voraus die Wahrscheinlichkeit eines Nestbaus durch geeignete Maßnahmen verringern:

  • Seien Sie wachsam! Vor allem im Frühjahr machen sich die Königinnen von Wespen und Hornissen auf die Suche nach geeigneten Nistplätzen. Bemerken Sie diese in Ihrem Garten oder an Ihrem Haus, folgen Sie ihnen, um so potentielle Nistplätze ausfindig zu machen.

  • Verschliessen Sie ab Ende Januar alle Schlupflöcher, die Ihnen auffallen mit Erde, Mörtel oder Silikon (Achtung: Nur wenn diese nicht besiedelt sind). Suchen Sie dabei auch nach Erdlöchern im Garten und nach Ritzen in Ihrem Gartenhäuschen, Schuppen und Dachstock. Durch ein sicheres Verschliessen dieser Öffnungen können Sie die Nestbildung vermeiden.

  • Geruchsstoffe, wie z.B. Citronella und Nelke schrecken viele der gängigen Insekten ab. Besprühen Sie vielversprechende Nistplätze mit dem natürlichen Duft und verhindern Sie so ein Einnisten.

  • Entfernen Sie unbewohnte, alte Nester nicht. Insekten halten von fremden Behausungen Abstand, auch wenn diese leer sind.

Abschliessend gibt uns David Hablützel noch einen Insekten Spezial-Tipp mit auf den Weg: «Schon mit kleinen und tierfreundlichen Tricks können Sie sich gut vor Insekten schützen. Zum Beispiel, indem Sie schon vor einer geplanten Grillparty am Rande Ihres Gartens - weit genug vom Gartentisch entfernt - eine Futterstelle einrichten. Denn Insekten sind Gewohnheitstiere und kehren an Orte zurück, von denen sie wissen, dass es dort Essen gibt. So vermeiden Sie, dass sich die Wespen an Ihrem Essen auf dem Tisch bedienen.»

Wir sind Liiva. Ihre Ratgeber und Insekten-Liivaber.