Erneuerungsfond, Eigentümerversammlung & Co.: Die Herausforderungen des Stockwerkeigentums

Stockwerkeigentum ist Gemeinschaftssache - denn die sogenannte «Eigentumswohnung» ist eine viel sozialere Angelegenheit, als der Name vermuten lässt. Denn dazu gehört nicht nur die eigene Wohneinheit, sondern auch Anteile am Grundstück und dem Rest des Gebäudes. Erfahre hier mehr über die Licht- und Schattenseiten des Stockwerkeigentums.

06.12.20225min5min

Stockwerkeigentum in Mehrfamilienhaus

Welche Erinnerungen werden bei dir durch das Wort "Maschendrahtzaun" geweckt? Ja, genau! Die wahrscheinlich erste und bekannteste musikalische Verarbeitung eines kleinbürgerlichen Nachbarschaftsstreits der Weltgeschichte. Der deutsche Grossmeister der Stumpfsinnigkeit und Blödelei Stefan Raab hat aber in seinem Song "Maschendrahtzaun" nicht nur die Probleme zweier Nachbarn auf die Schippe genommen, sondern gleich die philosophischen Implikationen von Eigentum in seinen Grundzügen karikiert.

Natürlich ist Nachbarschaft nicht dasselbe wie geteiltes Eigentum, aber in den Grenzzonen oder an den Maschendrahtzäunen des Besitzes kann es durchaus zu ähnlichen gemeinsamen Entscheidungen oder Konflikten kommen. Relevant ist dies, weil die Grundstücksflächen, die Privatpersonen zum Kauf zur Verfügung stehen, immer knapper werden und geteiltes Eigentum oder Stockwerkeigentum deshalb immer beliebter wird. So werden laut BAG schon jetzt zwei von drei Objekten in Privatbesitz als Stockwerkeigentum gekauft. Trotz der steigenden Popularität von Stockwerkeigentum, ist der gemeinschaftliche Aspekt dieser Besitzform nicht nur eine Quelle von Freundschaft und Harmonie, sondern kann sich durchaus zum Konfliktherd auswachsen. Wie so oft bieten gerade gemeinsame finanzielle Entscheidungen Zündstoff für Streit und Zwietracht. Aber natürlich haben wir auch dafür Lösungsansätze für dich.

Was ist Stockwerkeigentum?

Nicht ganz kompletterweise wird Stockwerkeigentum oft als Eigentumswohnung bezeichnet. Das ist insofern nicht die ganze Wahrheit, als dass ein Gebäude rechtlich mit dem Grund, auf dem es steht, verknüpft ist. Deshalb können Grundstückseigentum und Gebäudeeigentum meistens nicht voneinander getrennt werden. Folglich musst du dich, wenn du eine Eigentumswohnung kaufen möchtest, am Gesamtgrundstück mitbeteiligen.

Daher ist es sinnvoller, von Stockwerkeigentum und nicht von Eigentumswohnung zu sprechen. Als Stockwerkeigentümer:in wirst du damit zur Miteigentümer:in eines ganzen Gebäudes, mit dem Sonderrecht, einen bestimmten Teil des Gebäudes - die eigene Wohnung - exklusiv nutzen und verwalten zu können. Alle anderen Teile des Hauses befinden sich im Gemeinschaftsbesitz und müssen deshalb zusammen verwaltet und unterhalten werden. Diese finanzielle Teilung des gemeinsamen Besitzes führt dazu, dass du als Stockwerkeigentümer:in proportional mehr Wohnfläche bekommst, als bei der Investition in ein Einfamilienhaus, wo du Heizung & Co. komplett selber tragen musst.

Rechte von Stockwerkeigentümer:innen

Zum gemeinsamen Besitzen eines Grundstücks gehören natürlich auch Rechte, die das Zusammenleben regeln. Die Rechte belaufen sich darauf, dass du bestimmte Gebäudeteile - deine Wohnung und Nebenräume wie Estrich- und Kellerabteile - rechtlich besitzen und somit exklusiv nutzen und gestalten darfst. Es ist also dir überlassen, ob du dir eine Regenwalddusche einbaust oder alle Räume zu einem riesigen Studio vereinst. Und solange es das Baugesetz an ihrem Standort erlaubt, darfst du natürlich auch deine langersehnte Wohlfühloase inklusive Lavalampe und Traumfänger in dein Estrichabteil bauen.

Zu diesen Eigentumsrechten kommen jetzt noch die Mitbestimmungsrechte über die gemeinsam besessenen Räumlichkeiten und geteilte Infrastruktur. Deine Mitbestimmungsrechte kannst du in der Eigentümer:innenversammlung geltend machen. Die Aufgabe dieser Versammlung ist es, die geteilten Verantwortlichkeiten der Eigentümer:innen zur Zufriedenheit aller zu regeln. Zu den geteilten Bereichen gehören Einfahrten, Treppenhäuser, Fassade, Heizsysteme und auch unser enfant terrible: der Maschendrahtzaun. Und, oh Graus, du hast es bestimmt kommen sehen - mit den Rechten kommen auch Pflichten.

Pflichten von Stockwerkeigentümer:innen

Die geteilte finanzielle Verantwortung des Stockwerkeigentums ist verführerisch, aber auch etwas und trügerisch. Der Grund: Das demokratische Zusammenleben verlangt nach demokratischen Prozessen. Und die sind bekannterweise aufwändig, träge und nicht immer verlockend.

Als Teil dieser demokratischen Hausgemeinschaft bist du nämlich auch der gemeinsamen Hausordnung unterstellt. Und an diese musst du dich halten, auch wenn längst nicht alle Regeln in deinem persönlichen Sinne sind. Wenn die Haltung von Hunden in der Hausordnung ausdrücklich verboten ist, so gilt das auch für deine eigenen vier Wände. Dann heisst’s für dich nicht Hundehaus, sondern Hund oder Haus?

Des Weiteren sind Mehrheitsbeschlüsse der Eigentümer:innenversammlung verpflichtend, auch in Bezug auf die finanzielle Beteiligung. Falls also, die Mehrheit der Eigentümer:innen entscheiden würde, in die Zukunft zu investieren und mit einer Wärmepumpe anstelle von Öl zu heizen oder den rostigen Maschendrahtzaun durch einen weissen Lattenzaun zu ersetzen, musst auch du deinen Beitrag dazu leisten und in die Tasche greifen. Ganz egal, ob du das gutheisst oder nicht.

Erneuerungsfonds

Gemeinsame Projekte finanziell zu meistern, ist sehr anspruchsvoll. Deshalb ist es für Stockwerkgemeinschaften laut Fachleuten empfehlenswert, einen Erneuerungsfonds zu führen. In diesen gemeinschaftlichen Fonds wird laufend eingezahlt, um Rückstellungen und Reserven auf die Seite zu legen. Mit dem Erneuerungsfonds können dann anstehende Reparaturen, z. B. eine energetische Sanierung, durchgeführt werden, ohne die jeweiligen Eigentümer in akute finanzielle Bedrängnis zu bringen. Der Erneuerungsfonds muss dazu genug hoch angesetzt werden. Der Schweizer Stockwerkeigentümerverband SSTV empfiehlt eine jährliche Einzahlung von mindesten 0.4 % des Gebäudeversicherungswertes.

Der Fairness wegen zahlen Eigentümer:innen proportional zur Grösse ihres Anteils am Grundstück Geld in den Erneuerungsfonds ein. Bestimmt wird dieser Anteil anhand der sogenannten Wertquote. Diese wird vom Gründer, bzw. dem Ersteller des Stockwerkeigentums definiert und im Grundbuch eingetragen. Wenn du eine Eigentumswohnung kaufst, ist deren Wertquote bereits definiert. Nur mit der Wertquote und einem Erneuerungsfonds kann eine möglichst faire Verteilung der Finanzlast gewährleistet werden.

Tipp: Investitionen in den Erneuerungsfonds kannst du von den Steuern abziehen. Vorausgesetzt, dass das eingezahlte Geld auch wirklich für die Erneuerung oder den Unterhalt deines Eigentums verwendet wird.

Wir sind Liiva. Für Stockwerkeigentum mit oder ohne Maschendrahtzaun.